Kaum vergeht eine Woche, in welcher nicht irgendwo in den österreichischen Städten eine Verkaufsmesse abgehalten wird. Ferien- Messe, Bauen & Wohnen- Messe, Hochzeit- Messe und nun zuletzt die Expo-Marathon- Messe, um nur einige zu nennen.
Der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte in diesem Zusammenhang vor kurzem die Frage zu beurteilen, ob die Messebesucher (Verbraucher), welche auf einer Messe einen Vertrag abschließen, von diesem innerhalb von vierzehn Tagen ohne Angabe von Gründen zurücktreten können. Er verneinte es (OGH, Urteil vom 26.01.2017, 3 Ob 237/16y). Hier der Sachverhalt:
Auf einer Wohnmesse („Wohnen und Interieur 2015“) schloss ein Ehepaar bei einem der Verkaufsstände einen Kaufvertrag über die Lieferung und Montage einer neuen Einbau -Küche ab. Sie füllten das Kaufvertragsformular aus und unterfertigten es. Auf der Rückseite des Kaufvertrages hatte der Verkäufer (Unternehmer) die Verkaufsbedingungen, darunter das Rücktrittsrecht abgebildet. Darin stand, dass im Falle des Rücktritts der Kunden vom Vertrag bzw. im Falle der Aufhebung des Vertrages der Verkäufer das Recht habe, vom Kunden eine Stornogebühr in der Höhe von 20% des vereinbarten Bruttorechnungsbetrages zu verlangen.
Die Eheleute unterzeichneten ordnungsgemäß auch die Rückseite des Kaufvertragsformulars und stimmten damit den Verkaufsbedingungen zu. Kurz danach, jedenfalls binnen vierzehn Tagen, stellten sie fest, dass sie den Kaufpreis für die Küche doch nicht würden aufbringen können. Sie informierten den Verkäufer und traten innerhalb der Frist vom Kaufvertrag zurück. Dieser verlangte vom Ehepaar die Leistung der vertraglich zugestimmten Stornogebühr.
Das Ehepaar kam der Forderung zunächst nach. Vor Gericht wurde jedoch – nunmehr in der Rolle als Kläger- die bezahlte Stornogebühr vom Messestandverkäufer doch wieder zurückgefordert. Dabei argumentierten die Kläger (genauer ein Verein, an welchen die Forderung des Ehepaares abgetreten wurde), dass der Kaufvertrag außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen wurde und dem Ehepaar daher ein Rücktrittsrecht der Konsumenten iSd 11 Abs 1 FAGG (Fern-und Auswärtsgeschäftegesetz) zugekommen sei.
Der beklagte Verkäufer habe somit keinen Anspruch auf Zahlung der Stornogebühr. Überhaupt sei der Passus in den Verkaufsbedingungen über die Stornogebühr für die Verbraucher grob benachteiligend und unklar und daher nichtig.
Der beklagte Unternehmer bestritt diese Behauptungen. Der Messestand sei als Geschäftsraum zu qualifizieren, weshalb dem Ehepaar das von ihnen genannte Verbraucher- Rücktrittsrecht nicht zukomme. Darüber hinaus sei die Stornoklausel üblich und den Verbraucher keineswegs gröblich benachteiligend.
Die Rechtssache ging zunächst durch die Instanzen und erreichte schließlich zur Entscheidung den Obersten Gerichtshof. Nach der Darstellung mehrerer durchaus divergierender Rechtsansichten in der Lehre schloss sich der OGH der Rechtsansicht, wonach dem Verbraucher auf einer (Verkaufs-)Messe kein Rücktrittsrecht gemäß § 11 Abs 1 FAGG zukomme, an.
Laut OGH ist demnach ein Messestand, welchen ein Unternehmer während der Dauer der Messe betreibt, sehr wohl ein Geschäftsraum iS des § 3 Z 3 FAGG.
Für die Qualifikation des Messestandes als Geschäftsraum sei entscheidend, dass der Unternehmer seine Verkaufstätigkeit für die Dauer der Messe ständig bzw. für gewöhnlich auf einem Markt- oder Messestand ausübe. Es kommt dabei stets darauf an, ob der Konsument an einem Ort grundsätzlich mit einer Geschäftstätigkeit des Unternehmers rechnen müsse oder ob sie aufgrund der Örtlichkeit für ihn überraschend sei.
Auf einer (Verkaufs-)messe wird der Konsument daher sehr wohl mit der unternehmerischen Verkaufstätigkeit rechnen müssen.
Von einem in den Geschäftsräumen des Unternehmers abgeschlossenen Vertrag kann der Verbraucher (somit hier das Ehepaar) nicht gemäß § 11 Abs 1 FAGG binnen vierzehn Tagen zurücktreten.
Bezogen auf den konkreten Fall war das Ehepaar zur Zahlung der vereinbarten Stornogebühr sehr wohl verpflichtet. Allerdings beurteilte der OGH die Stornoklausel, wonach beim unberechtigten Rücktritt vom Vertrag durch den Käufer eine Stornogebühr in der Höhe des entstandenen Schadens, zumindest aber von 20% der Bruttorechnungssumme zu zahlen ist, als gröblich benachteiligend.
Der Unternehmer musste daher die durch das Ehepaar bereits geleistete Stornogebühr an dieses zurückzahlen.