In einer kürzlich erschienenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH, 07.06.2016, 10 Ob 89/15h) hat dieser klargestellt, dass das Schmerzengeld auch für die verringerte Lebenserwartung zustehen soll.
Im konkreten Fall war der Kläger ein Patient, welcher im Krankenhaus wegen starker Schmerzen in der linken Schulter behandelt wurde.
Dabei wurde beim Kläger eine falsche Diagnose (atraumatische Schulterschmerzen statt akutes Koronarsyndrom) gestellt und erlitt der Kläger drei Tage später einen Herzinfarkt. Dieser führte wiederum zu einer nicht mehr umkehrbaren Herzschädigung.
Die Folgen dieser Fehlbehandlung im Krankenhaus waren eine Verschlechterung der Herzmuskelfunktion, Schmerzen samt Atemnot sowie eine erheblich eingeschränkte Leistungsfähigkeit. Die –statistische- Lebenserwartung des Klägers war ebenfalls sehr reduziert. Dazu kamen große psychische Belastung in Form von Existenzängsten und Verstimmungszuständen.
Im Prozess begehrte der Kläger Schmerzengeld unter anderem auch für dessen nunmehr sehr eingeschränkte Lebenserwartung. Die beklagte Partei (Rechtsträger des Krankenhauses, in welchem der Patient behandelt wurde) hielt dagegen, dass nach der herrschenden Rechtsprechung für ein verkürztes Leben kein Schmerzengeld zustehe.
Der Fall ging durch die Instanzen bis zum Obersten Gerichtshof. Dieser gab zwar zu, in der Vergangenheit die Zuerkennung einer Entschädigung für den verfrühten Tod abgelehnt zu haben. Allerdings ginge in all den bisherigen Entscheidungen um etwas anderes: dort haben die Angehörigen von Unfallopfern Schmerzengeld aufgrund des Todes des Opfers/Patienten, somit forderten sie im Wesentlichen Schmerzengeld für die Zeit nach dem Tod des Opfers.
Im gegenständlichen Fall handle es sich jedoch laut OGH um Existenzängste und andere psychische Beeinträchtigungen des Patienten selbst, welche durch das Wissen um dessen verkürzte Lebenserwartung hervorgerufen würden. Ein Schmerzengeldanspruch stehe daher auch bei diesen Leidenszuständen zu.