Bei Straßenverkehrsunfällen im Ausland oder unter Beteiligung eines ausländischen Fahrzeuges im Inland ist der Geschädigte berechtigt, sich nicht nur gegen den Schädiger zu wenden, sondern seine Ansprüche vor allem direkt gegenüber der für das gegnerische Fahrzeug zuständige Kfz – Haftpflichtversicherung im Wege einer Direktklage geltend zu machen.
Für eine solche Direktklage stehen dem Geschädigten nach der Brüssel Ia – VO verschiedene Gerichtsstände, darunter der Gerichtsstand an seinem Wohnsitz, zur Verfügung.
Ein solcher Gerichtsstand am Wohnsitz des Geschädigten bringt für die gerichtliche Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen jedenfalls praktische Vorteile: die Einschaltung eines ausländischen Rechtsanwalts ist in solchen Fällen nicht notwendig und auch die Verhandlungen finden vor dem inländischen Gericht und nicht im Ausland statt.
Allerdings muss die im Heimatland des Geschädigten erhobene Direktklage der gegnerischen Kfz- Haftpflichtversicherung zugestellt werden. Diese kann ihren Sitz überall auf der Welt haben. Dazu kommt auch das Erfordernis, dass die Klage in der Landessprache der ausländischen Kfz- Haftpflichtversicherung übersetzt werden muss.
Vor dem Hintergrund dieser (und weiterer) Erschwernisse hat sich der europäische Gesetzgeber bemüht, hier vor allem im Rahmen der Vierten KH- RL einige Verbesserungen zum Schutz der Verkehrsopfer vorzunehmen.
Unter anderem wurde der Begriff eines Schadenregulierungsbeauftragten geschaffen.
Demnach ist jede Kfz- Haftpflichtversicherung mit einer behördlichen Zulassung in einem Mitgliedsstaat verpflichtet, in einem anderen Mitgliedstaat einen Schadenregulierungsbeauftragten zu benennen.
Auf diese Weise kann sich der Geschädigte zwecks Geltendmachung seiner Schadenersatzansprüche direkt an den Schadenregulierungsbeauftragten im Inland wenden.
Dieser hat die Aufgabe die an die ausländische Kfz- Haftpflichtversicherung gestellten Direktansprüche zu bearbeiten, sich im Namen und für Rechnung der ausländischen Kfz- Haftpflichtversicherung zu äußern und die Direktansprüche zu befriedigen bzw. abzulehnen.
Scheitern die außergerichtlichen Bemühungen stellt sich die Frage, ob der Geschädigte die Klage an die ausländische Kfz- Haftpflichtversicherung zustellen und übersetzen muss (die Klage richtet sich ja gegen diese und nicht gegen den Schadenregulierungsbeauftragten) oder ob nicht der Schadenregulierungsbeauftragter hier gewisse Abhilfe schaffen kann.
Und tatsächlich vertritt der EuGH (C- 306/12, Welter/Avanssur) die Rechtsauffassung, wonach zu den Befugnissen des Schadenregulierungsbeauftragten auch die Vollmacht gehören müsse, die Zustellung gerichtlicher Schriftstücke (Klagen) rechtswirksam entgegen zu nehmen.
Fazit: die Klage richtet sich zwar an die ausländische Kfz- Haftpflichtversicherung, sie kann aber an den Schadenregulierungsbeauftragten im Inland wirksam zugestellt werden.
Dies führt zur wesentlichen Beschleunigung des Verfahrens und damit auch zur Kostenersparnis, braucht die Klage auch nicht mehr in die Landessprache der ausländischen Kfz- Haftpflichtversicherung übersetzt werden.
Der Geschädigte kann in Österreich beim Verband der Versicherungsunternehmen (VVO, www.vvo.at) Auskunft darüber erlangen, bei welcher ausländischen Versicherung das Kraftfahrzeug des Schädigers versichert ist und wer in Österreich als dessen Schadenregulierungsbeauftragter fungiert.